Montag, 17. Mai 2010

Artikelauschnitt aus dem „Gustav-Adolf-Blatt SPEZIAL“

Letztens fiel mir eine Zeitschrift in die Hand, in der ich sehr interessante und zutreffende Artikel über Paraguay fand, die auch meine bisherigen Erfahrungen ziemlich genau wiederspiegeln.
Ich dachte ich stelle es einfach mal online, und wen es interessiert kann es gerne lesen.

María Kueck (Paraguay):
„[...]Ich habe ein großes Haus. Meine Nachbarn haben eine kleine Hütte. Wir fragten uns oft, wovon sie leben. Er ist arbeitslos. Sie arbeitet wenig. Sie hat immer Besuch: ihren Sohn mit seiner Frau, ihren Schwager, ihre Schwester, Freunde, Bekannte...
Ich stehe morgens auf, wasche Wäsche, putze mein Haus, koche für die Kinder und gehe zur Arbeit. Meine Nachbarin steht im Laufe des Vormittags auf, setzt sich in ihren Hof und trinkt Tereré mit ihren Gästen.
Ich pflanze Blumen und mähe Gras. Sie hat weder Gras noch Blumen. Ich bin sicher, sie haben nicht so viel zu essen wie wir, aber sie klagen nicht. Sie kommen auch nicht zu uns, um zu betteln, nur sehr selten, wenn es wirklich ganz schlimm ist. Sie haben ein paar Hühner auf ihrem Hof und haben Maniok angebaut. Davon leben sie.
Ich höre meine Nachbarin oft lachen. Sie hat ein lautes, fröhliches Lachen. Ich frage mich: Wonach suche ich eigentlich? Was braucht der Mensch wirklich zum Leben, zum Glücklichsein? Wer von uns beiden macht etwas falsch?

[…] Es besteht ja immer die Tendenz, die anderen ändern zu wollen. Sie sind arm, sie leben schlecht, sie sind krank, sie ernähren sich mangelhaft. Aber sind sie deswegen unglücklich?

Wir Einwanderer halten uns selbst für fortschrittlicher, dabei haben wir nur andere Bedürfnisse: Ich brauche mein Haus, meine Sicherheit, meine Privatsphäre, ich brauche ein bestimmtes Maß an Hygiene. Ich muss mich selbst verwirklichen können. Ich kann nicht nur vor mich hin leben, ohne etwas zu leisten, ohne mich gebraucht zu fühlen.
Viele Paraguayer scheinen solche Bedürfnisse nicht zu haben: Sie leben einfach.

Ein paar Daten über Paraguay

Die geschriebene Geschichte Paraguays ist kurz; das Land wurde ursprünglich von verschiedenen nomadischen und halbnomadischen Indianerstämmen mit einer reichen mündlichen Kultur bewohnt. Vor 500 Jahren wurde es von der spanischen Krone erobert; 1810 befreite es sich und wurde zu unabhängigen Republik.
Durch die Unterwerfung der Guaraní-Indianern kam es zur Vermischung der Weißen mit ihnen. Trotz des Völkermords an den Guaraní-Indianern, die heute nur noch 1,7% der paraguayischen Bevölkerung stellen, ist Guaraní bis heute die meistgesprochene Sprache. In den Städten wird allerdings mehr Spanisch gesprochen.
Seit seiner Entstehung hat sich Paraguays Geschichte kaum geändert. Es ist bis heute ein Land, dessen Entwicklung durch die Machtinteressen von Nachbar- und Industrieländern, unstabile Regierungen, die von Korruption gezeichnet sind, und durch die Plünderung seiner Naturschätze begrenzt ist.

Das Fehlen einer strategischen Armutsbekämpfung durch den Staat und die stattdessen vom Präsidenten selbst vertretene populistische und ausschließlich an einzelne Bevölkerungsgruppen gerichteten, nur problemmildernden Maßnahmen lassen keine Verbesserung der Chancen zur Deckung der Grundbedürfnisse für die große Mehrheit der Bevölkerung erwarten.
In Paraguay überlässt der Staat einen Großteil des Landes seinem Schicksal, was am Fehlen von Krankenhäusern, Bildungsstätten, grundlegenden Versorgungsleistungen wie Trinkwasser und Strom deutlich wird.

Zum Gesundheitssystem:
Mit Pro-Kopf-Ausgaben für das Gesundheitswesen von 31 US-Dollar, liegt Paraguay an drittletzter Stelle in Lateinamerika.
81% der parag. Bevölkerung verfügen über keinerlei Gesundheitsvorsorge. Die Anteile an Todesfällen der Mütter bei der Geburt ist eine der höchsten in Lateinamerika. 27% der Kinder werden außerhalb von Krankenhäusern entbunden, das heißt mit Naturheilern, Geburtshelfern oder Nachbarn.
Das Fehlen einer Ernährungspolitik kommt in hohen Unterernährungsraten zum Ausdruck. 14% der paraguayischen Bevölkerung ist unterernährt und 9% der Kinder kommen mit Untergewicht zur Welt.
Nach Angaben der UNICEF gibt es in Paraguay 35 000 Kinder unter fünf Jahren mit ernster Unterernährung, 141 000 Kinder dieser Altersgruppe und 45 000 schwangere Frauen, die unterernährungsgefährdet sind.

Bildungssituation:
Nach der Verfassung ist die neunjährige Pflichtschule kostenfrei. Aus amtlichen Statistiken und Untersuchungen des Bildungswesens geht jedoch hervor, dass ein Großteil der Bevölkerung nicht in den Genuss dieses Rechtes kommt.

Den am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen (Landbevölkerung, Bewohner städtischer Armensiedlungen, Mädchen, Indigene und Behinderte) ist der Besuch öffentlicher Schulen weitgehend unmöglich gemacht. Die Anzahl der Analphabeten wird auf 27,4% geschätzt.
Die indigene Bevölkerung ist ohne Zweifel am stärksten benachteiligt. Durchschnittlich wurde die Schule von ihnen 2,2 Jahre besucht. Jeder zweite Indigene ist Analphabet.

Obwohl sich das Bildungs- und Kulturministerium für 2005 zum Ziel gesetzt hatte, 600 Klassenräume neu zu bauen, wurden letztendlich nur 50 fertiggestellt.

Freitag, 7. Mai 2010

Parque Nacional Rio Pilco Mayo



Donnerstags traf ich mich mit Benny, einem anderen Freiwilligen aus Paraguay, in Asuncion wo wir einen gediegenen Abend verbrachten. Morgens stiegen wir, jeder mit Rucksack und Schlafsack bewaffnet, aufs Motorrad und brausten los zum Río Paraguay, der die Grenze zu Argentinien bildet. Obwohl hier jetzt schon bald der Winter beginnt, hatten wir sehr Glück mit dem Wetter. Über uns schien die Sonne vom blauen Himmel und es hatte knapp 30 Grad.

Wir fuhren vorbei an schier unendlichen Viehweiden, Bananenplantagen und Madiocafeldern über denen Adler und Geier ihre Kreise zogen. Nachmittags kamen wir an unserem Ziel an: dem Nationalpark Pilcomayo.
Trotz dem wunderschönen Wetter sahen wir das ganze Wochenende über keinen einzigen anderen Turisten, sondern nur den netten Park Ranger.
Bis zum Sonnenuntergang verbrachten wir die Zeit an einem wunderschönen See in dem sich Yacarés (Krokodile) sonnten und in dem es wohl auch Piranhas gibt. Trotz der Beruhigung des Rangers, dass die Tiere nicht gefährlich seien, ließ ich es dennoch lieber mit dem Baden.
An dem See wimmelte es außerdem von unzähligen Vögeln in allen Größen und Farben. Auch den bekannten Tucan mit seinem riesigen rot-gelben Schnabel konnten wir beobachten. Außerdem zogen regelmäßig Schwärme von Loritos (kleine, grüne Papageien) über uns vorbei.

Als es dunkel wurde (inzwischen dämmert es schon um 5 Uhr!) suchten wir uns einen Schlafplatz, bauten das Mosquitonetz auf und machten uns ein kleines Feuer. Wir kochten uns eine lecker Nudelsuppe und tranken dazu Mate de Pomelo aus frisch gepflückter Pomelo. Zur Zeit ist nämlich die Citrus epoca, sodass überall Bäume voller Zitronen, Mandarinen, Orangen und Pomelos stehen. Riiiico =)

Nach einem sehr gediegenen Abend krochen wir in unsere Schlafsäcke und schliefen durch bis zum nächsten Morgen. Um 7Uhr ging es weiter mit dem Mopped zu einem Nebenarm des Río Pilcomayo. Auf dem Weg dorthin fuhren wir über riesige Flächen, auf denen nur eine bestimmte Art von Stechpalme wächst. Auch hier sahen wir riesige Geier und Adler, die auf den Palmen saßen und uns beäugten. Einmal huschte uns sogar ein kleiner Fuchs über den Weg. Nur Nandus bekamen wir leider nicht zu sehen, die es hier geben soll.
Wir sonnten uns noch einige Stunden am Fluss und genossen die unberührte Natur, bis wir uns wieder auf den Heimweg machten.

Auf jeden Fall wieder ein total schönes Wochenende, das ich besonders genossen habe, da die Wochen bis zu meinem Rückflug so langsam schon an den Händen abzuzählen sind. Einerseits freue ich mich schon total darauf alle wieder zu sehen, andererseits wird mir der Abschied von diesem wundervollen Land verdammt schwer fallen...